Insolvenzsache
Sanierungsverfahren der Pharmazeutischen Fabrik
Montavit Gesellschaft m.b.H.
S a n i e r u n g s b e m ü h u n g e n v e r l a u f e n b i s h e r n a c h P l a n !
Im Sanierungsverfahren der Pharmazeutischen Fabrik Montavit Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Absam/Tirol hat heute die Berichtstagsatzung am Landesgericht Innsbruck stattgefunden:
Die Schuldnerin erforscht, entwickelt und produziert Arzneimittel und Medizinprodukte. Der Absatz erfolgt in weltweit über 80 Ländern.
Die Schuldnerin geht neben den Bankverbindlichkeiten von rd. EUR 35 Mio. von weiteren Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten iHv rd. EUR 6 Mio. aus. Die Bankverbindlichkeiten sind nur zum Teil besichert (Liegenschaften, Maschinen, Wertpapiere). Nachdem die Anmeldefrist noch läuft, ist erst ein Teil der Forderungen angemeldete, aktuell rd. EUR 2,4 Mio.
Inhaltlich ging es beim heutigen Termin vorwiegend um die Unternehmensfortführung, insbesondere die Liquidität, und ob der Schuldnerin während des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung verbleibt.
Fortführung
Die Unternehmensfortführung verläuft bisher sehr gut. Das Gericht hat die Fortführung des Unternehmens beschlossen und die Eigenverwaltung bei der Schuldnerin belassen.
Ihre Umsätze erwirtschaftete die Schuldnerin bisher zu etwa 68 % mit Eigenproduktanfertigung, zu etwa 25 % in Auftragsanfertigung für Pharmakunden und rd. 7 % mit Handelsprodukten. Ein wichtiges Hauptprodukt ist die Produktfamilie der Cathejell-Produkte, sterile, wasserlösliche und anästhesierende Gleitmittel für Katheder und Endoskopie-Anwendungen. Diese Produkte gelten am Weltmarkt als ausgezeichnet und einzigartig, die Nachfrage kann angeblich durch Konkurrenzunternehmen nicht bedient werden.
Die Schuldnerin erwartet eine (Wieder)Zulassung ihrer Produkte auch international und hat die Produktion wieder voll aufgenommen, um nach deren Zulassung der großen Nachfrage nachkommen zu können. Auch der Insolvenzverwalter hält dieses Vorgehen für sinnvoll.
Um die Fortführung während der Insolvenz zu sichern soll aus dem Familienverband der Gesellschafter eine Fortführungskaution von EUR 100.000,- erlegt werden, ein wichtiges „Commitment“ der Eigentümerfamilie. Das Geld ist noch nicht eingelangt, wurde aber zugesichert.
Um die Liquidität des Unternehmens auch längerfristig sicherzustellen, soll hinsichtlich der Neuforderungen eine Factoringvereinbarung abgeschlossen werden. Factoring-tauglich sind allerdings nur die in der EU erzielten Umsätze. Die Verhandlungen mit den Banken sind noch am Laufen, sollen planmäßig aber noch heute abgeschlossen werden.
Vermögenslage
Die Schuldnerin ist Eigentümerin zweier Liegenschaften in Absam/Tirol, die mit Pfandrechten im Wert von rd. EUR 13,6 Mio. (davon rd. 10,9 Mio. simultan) belastet sind. Hauptgläubigerin ist die Tiroler Sparkasse, gefolgt von der Salzburger Sparkasse und der BTV. Auf diesen Liegenschaften befinden sich die Betriebsgebäude und die Produktion. Eine gutachterliche Bewertung der Liegenschaften im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird eingeholt, um das Ausmaß der Besicherungen und die Angemessenheit des Sanierungsplanvorschlags überprüfen zu können. Außerdem hat der Insolvenzverwalter drei zuletzt im Jahr 2022 auf den Liegenschaften eingetragenen Pfandrechte zu überprüfen: die Eintragungen erfolgten zum Teil erst Jahre nach der Erstellung der entsprechenden Pfandurkunden, daher sind diese Eintragungen auf ihre Anfechtbarkeit hin zu überprüfen!
Weitere wesentliche Vermögenswerte sind die sehr hochwertigen technischen Anlagen und Maschinen sowie der Lagerbestand. Forderungen aus Lieferung und Leistung aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung sind aber allesamt an die Bank abgetreten.
Alles in allem ist das Vermögen aber durch Aus- und Absonderungsrechte (Liegenschaften, Maschinen, Lager) sowie Zessionen (Forderungen) weitgehend nicht frei verfügbar.
Insolvenzursachen
Ein wesentlicher Grund für die hohen Verbindlichkeiten ist der großzügige Neu- und Ausbau des Betriebsstandorts in Absam (Produktionsgebäude und Maschinen) mit enormer Baukostenüberschreitung. Die Schuldnerin sieht darüber hinaus auch einige andere Insolvenzursachen (Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation, …) und insbesondere das Auslaufen der Zertifikate für die Cathejell Produkte: -somit war vorübergehend kein Verkauf möglich.
Weiters gab es der Schuldnerin zufolge Probleme bei der Errichtung des Betriebsgebäudes und dem Ausbau und der Inbetriebnahme der neuen Produktionsanlage einschließlich einer enormen Baukostenüberschreitung. Hinzu kamen fehlende Preisanpassungen bei den Sozialversicherungsträgern, massive Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine, Umsatzausfälle durch die Covid-19-Pandemie (Nachfrage-Einbruch nach „normalen“ Erkältungsprodukten); und enorme Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen.
Weitere Vorgangsweise
Forderungen können weiterhin angemeldet werden, die Abstimmung über den Sanierungsplanvorschlag ist für den 24.04.2023 vorgesehen.
Verfahrensdaten
Eröffnung: 07.02.2023
Anmeldefrist: 10.04.2023
Insolvenzverwalter: Dr. Stephan Kasseroler
Prüfungstagsatzung und Sanierungsplantagsatzung: 24.04.2023
Forderungsanmeldungen können ab sofort über den AKV angemeldet werden.
Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.
Rückfragenhinweis
AKV EUROPA
Alpenländischer Kreditorenverband
Geschäftsstelle Innsbruck
Tel: 05 04 100 – 6000