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AKV Insolvenzstatistik 1. Quartal 2020 und 1 Monat Corona

Mit dieser Aussendung zeigt der AKV die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Insolvenzverfahren, sowie die Zahlen für das 1. Quartal 2020 auf:

Zusammenfassung der Insolvenzfälle im 1. Quartal 2020 //

Insolvenzengesamt12020

Wie die weiteren Ausführungen zeigen, haben diese Kennzahlen jedoch im Hinblick auf die seit 16.03.2020 eingetretenen Änderungen ohnehin nur beschränkte Aussagekraft. Deshalb wollen wir eher nachfolgende Aspekte aufzeigen:

Firmeninsolvenzen – ein Minus von 59,27 % der eröffneten Verfahren seit 16.03.2020 //

Die Entwicklung im gesamten 1. Quartal zeigt folgendes Bild:

Bei einer Zwischenbilanz zum 15.03.2020 – sohin vor Setzung der wesentlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 – stehen den bis zu diesem Zeitpunkt im heurigen Jahr 599 eröffneten Firmeninsolvenzen 635 eröffnete Verfahren per 15.03.2019 gegenüber, sodass per 16.03.2020 die Abnahme -5,67 % betragen hat.

Dieses Bild änderte sich schlagartig seit dem 16.03.2020. Ab diesem Zeitpunkt und nach dem „ersten Monat Corona“ sind die eröffneten Firmeninsolvenzen um 59,27 % zurückgegangen.

KW12bis15

Im Zeitraum von 16.03.2020 bis Ostern 2020, sohin im 1. Monat „Corona“ wurden in Österreich 16 Sanierungsverfahren (14,29 %) und 96 (85,71 %) Konkursverfahren eröffnet.

Bislang wurden Firmeninsolvenzen zu einem Drittel durch Eigenanträge eröffnet. Nachdem die öffentliche Hand (ÖGK, Finanzamt und SVA) nunmehr bekannt gegeben hat Gläubigerantragstellungen zumindest 3 Monate auszusetzen, hat sich diese Verteilung zwischen verfahrenseinleitenden Gläubiger- und Eigenanträgen verändert. Die zwischen 16.03.2020 und Ostern 2020 eröffneten Verfahren wurden bereits über 2/3 (70,54 %) vom Insolvenzschuldner selbst beantragt. Die Tendenz war steigend. Ob die gesetzlichen Änderungen und die Verlängerung zur Insolvenzantragspflicht hier weitere Auswirkungen zeigen, bleibt abzuwarten.

Welche wesentlichen Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Insolvenzverfahren hat, zeigt sich auch darin, dass die „Corona-Krise“ seit dem 16.03.2020 zu den häufigsten Insolvenzursachen zählt. Im Zeitraum von 16.03.2020 bis Ostern 2020 haben 29 Unternehmer den Grund für ihr Abgleiten in die Insolvenz im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie gesehen. Dies sind 25,89 % aller Verfahren seit dem 1. Tag der behördlichen Maßnahmen. Auch hier ist die Tendenz steigend.

Von Insolvenzen mit „Corona-Ursache“ sind 383 Dienstnehmer betroffen. Dies betrifft sowohl Unternehmen in Konkursverfahren, welche geschlossen und somit die betroffenen Dienstnehmer arbeitslos geworden sind, als auch Dienstnehmer von Unternehmen, welche noch weiter eine Sanierung anstreben.

Zusätzlich beobachtet der AKV eine ansteigende Anzahl von Schließungsanträgen bei Insolvenzverfahren, in welchen ursprünglich eine Fortführung des Unternehmens und damit eine „Rettung“ von Arbeitsplätzen anvisiert wurden. Bei den im Zeitraum vom 16.03.2020 bis Ostern 2020 eröffneten Verfahren wurden insolvente Unternehmen in 59 Fällen bereits geschlossen. 20 dieser Unternehmensschließungen und damit 33,33 % aller Schließungen sind auf Grund der COVID-19-Pandiemie erfolgt. Dies hat 266 Dienstnehmer (zusätzlich zu den oben erwähnten) betroffen, welche nunmehr auf Grund von Schließungen im Insolvenzverfahren ihren Arbeitsplatz verloren haben. Hinzukommen auch zahlreiche Dienstnehmer die von Schließungen in Insolvenzverfahren, die bereits vor dem 16.03.2020 anhängig waren, betroffen sind.

Privatinsolvenzen – Einbruch seit 16.03.2020 //

In unserem Kommentar zur Insolvenzstatistik des Gesamtjahres 2019 hat der AKV die Entwicklung der Insolvenzzahlen in der letzten Dekade dargestellt. Die Anzahl der eröffneten Privatinsolvenzen der Jahre 2018 (193 pro Woche) und 2019 (183 pro Woche) lag weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre vor der Privatkonkursnovelle 2017.

Das 1. Quartal 2020 ist durch die weltweite „Corona-Krise“ geprägt. Obwohl mit einem Anstieg der „überschuldeten“ Personen infolge der Rekordarbeitslosigkeit in Österreich zu rechnen sein wird, steigt die Anzahl der Privatinsolvenzen nicht, sondern ist seit dem 16.03.2020 eingebrochen.

Bei einer Betrachtung des 1. Quartals 2020 beträgt die Abnahme der eröffneten Privatinsolvenzen gegenüber dem Vorjahr -23,99 %. Nachdem im 1. Quartal 2019 noch 2.493 Privatinsolvenzverfahren anhängig waren, sind im 1. Quartal 2020 lediglich 1.895 Schuldenregulierungsverfahren von den Bezirksgerichten eröffnet worden.

Betrachtet man die wöchentliche Entwicklung der Insolvenzzahlen, so zeigt sich, dass seit Ergreifung staatlicher Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19, ab der 12. Kalenderwoche bzw. ab 16.03.2020 ein drastischer Einbruch, nämlich um fast 85% (-84,87%) stattfand.

Bis zum 15.03.2020 und den Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 waren 2020 1815 Privatinsolvenzen eröffnet worden. Diesem stehen 2050 eröffnete Verfahren per 15.03.2019 gegenüber, sodass per 16.03.2020 die Abnahme nur 11,46 % betragen hat.

Die Entwicklung stellt sich nach Kalenderwochen 2020 aufgeschlüsselt wie folgt dar:

Seit dem 16.03.2020 wurden in Österreich daher im Durchschnitt nur mehr 34,5 Privatinsolvenzverfahren pro Woche eröffnet, während es in den ersten 11 Wochen des Jahres 2020 noch durchschnittlich 165 Verfahren pro Woche waren.

Dies wird aber nicht auf den angeordneten Notbetrieb der Insolvenzgerichte, sondern insbesondere auf die Unterbleibung von Antragsstellungen durch die betroffenen Personen zurückgeführt.

Auswirkungen der COVID-19 Maßnahmen auf die Insolvenzpraxis //

Ebenso wie in der übrigen Realwirtschaft waren zahlreiche insolvente Unternehmen aufgrund des Öffnungsverbots insolvenzgerichtlich zu schließen. Unklar war zunächst, ob die Dienstnehmer infolge der Schließung berechtigt austreten sollen oder den Insolvenzmassen auch der erleichterte Zugang zur neu geschaffenen Kurzarbeitsmöglichkeit offensteht.

Hier hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden die Corona-Kurzarbeit als ein wichtiges Sanierungsinstrument zur Vermeidung einer Insolvenz zu schaffen, aber sie leider keinem bereits insolventen oder insolvent werdenden Unternehmen zur Verfügung stehen soll. Führende Insolvenzverwalter haben die Bundesregierung ersucht diese Haltung zu überdenken. Die Haltung der Insolvenzverwalter haben wir auch mit unserer Presseaussendung vom 02.04.2020 unterstützt und darauf hingewiesen, dass man bereits mit der Insolvenzrechtsreform 2010 vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise 2008 Erleichterungen zur Sanierung insolventer Unternehmen geschaffen und einem Insolvenzfortbetrieb höchste Priorität eingeräumt hat. Dieser Ansatz sollte auch in dieser Krise zur Anwendung kommen.

In einem ersten Schritt hat der Gesetzgeber die Unterbrechung der verfahrensrechtlichen und richterlichen Fristen angeordnet, diesen Schritt jedoch im Rahmen des dritten Corona-Maßnahmenpakets wieder revidiert, um eine rasche und zügige Abwicklung der Insolvenzverfahren beizubehalten. Dadurch sollen Sanierungschancen gewahrt und Quotenauszahlungen im Hinblick auf den Liquiditätsbedarf bei zahlreichen Gläubigern erreicht werden.

Dieser Zielsetzung hinkt die Praxis derzeit noch hinterher.

So haben die Rechtsanwälte und Gläubigerschutzverbände ihren Betrieb sehr stark auf Home-Office umgestellt. Anstatt der Abhaltung von Gläubigerausschusssitzungen werden Beschlüsse im Umlaufweg gefällt und Beratungen erfolgen über Telefonkonferenzen. Die Korrespondenz zwischen den Gläubigerschutzverbänden, den Gläubigern, Rechtsanwälten und Insolvenzverwaltern läuft ungebrochen, wenngleich in reduziertem Umfang, über Emails weiter.

Aufgrund der verfügten Notbetriebe ist der Gerichtsbetrieb weiterhin eingeschränkt, sodass Tagsatzungen vorerst weitgehend bis Ende April abberaumt werden. Hier wäre es wünschenswert, wenn man auf die Möglichkeiten von Videokonferenzen zurückgreifen würde, um Entschuldungen erreichen und Verteilungen  vornehmen zu können.

Anpassungen an geänderte Rahmenbedingungen werden auch im Bereich der Schuldnerberatung notwendig sein, um Insolvenzanträge stellen zu können. Die Antragstellungen sind seit dem 16.03.2020 massiv eingebrochen, obgleich es bereits vor der Krise nach mehrfacher Einschätzung mehr als 100.000 überschuldete Personen gegeben hat. Auch ein Insolvenzverfahren mit einem rechtlichen Zahlungsstopp für Altverbindlichkeiten ist ein Schutzschirm. Eine Abstimmung über einen Zahlungsplan erfolgt zudem im Regelfall ohnehin erst 2 bis 3 Monate nach Verfahrenseröffnung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Wirtschaft hoffentlich in vielen Branchen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen hat und Kurzarbeitsmodelle im Auslaufen sind. Jetzt einen Rückstau von 2 bis 3 Monaten aufzubauen halten wir für nicht sinnvoll und bedenklich, nachdem durch den erwarteten und bereits eingetretenen Anstieg der Arbeitslosenrate Kapazitäten für neue Ratsuchende und neue Schuldner gegeben sein sollten.

Vorschau bzw. Einschätzung //

Die Firmeninsolvenzen werden annähernd zu gleichen Teilen über Gläubiger- und Eigenanträge eröffnet. Ein Großteil der Gläubigeranträge stellt die öffentliche Hand (ÖGK, Finanzamt und SVA), welche diese Antragstellungen zumindest 3 Monate aussetzen wird. Schon dadurch werden die Firmeninsolvenzen zusätzlich über einen Zeitraum von 3 bis 4 Monaten rückläufig sein.

Zahlreiche Moratorien und Stundungen sind vorerst befristet und nach deren Wegfall ist in Kombination mit Umsatzeinbußen in den nächsten Monaten mit einer zeitverzögerten Insolvenzwelle zu rechnen. Durch das umfangreiche staatliche Hilfspaket wird diese abgeschwächt sein, aber sie bleibt zu erwarten.

Ähnlich wie die Wirtschaftskrise 2008 wird auch diese Krise erst mehrere Monate zeitverzögert ihren Niederschlag in der Insolvenzstatistik finden. Die Finanzkrise 2008 führte im Jahr 2009 zu einem Anstieg der eröffneten Insolvenzen (Privat- und Firmeninsolvenzen) um 8,6 % auf 12.779 Verfahren. Nachdem nun die Realwirtschaft unmittelbar betroffen ist, befürchten wir spätestens ab Frühherbst 2020 einen über der damaligen Finanzkrise liegenden Anstieg von Insolvenzen.

Insolvenzen gesamt - Bundesländer
Insolvenzverfahren eröffnet - nicht eröffnet
Zusammenfassung Insolvenzen - Wien-NÖ
Zusammenfassung Insolvenzen - OÖ-SBG
Zusammenfassung Insolvenzen - Tirol-VBG
Zusammenfassung Insolvenzen - Bgld-Stmk

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten!

 

Mag. H. Musser
Geschäftsführender Direktor                                                   

Mag. Franz Blantz
Leiter Insolvenzbereich

Dr. Cornelia Wesenauer
Pressesprecherin
Insolvenzabteilung Wien/NÖ/Bgld

 

AKV EUROPA
Alpenländischer Kreditorenverband

Für weitere Informationen:

Tel: 05 04 100 – 1000

Tel: 05 04 100 – 1193