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100 Jahre Vorrecht
Gesetzliche Verankerung des Vorrechts von Gläubigerschutzverbänden im Jahr 1925 und Historie
Rund um den AKV EUROPA – Alpenländischer Kreditorenverband (in weiterer Folge: AKV) häufen sich die 100 Jahre Jubiläen.
Das Vorrecht von Gläubigerschutzverbänden und das damit verbundene Recht zur Vertretung von Gläubigern in gerichtlichen Insolvenzverfahren wurde vor 100 Jahren gesetzlich verankert. Der AKV war von Anfang an in die praktische Abwicklung involviert und die umfangreichen Leistungen des AKV wurden permanent den geänderten Anforderungen angepasst, wie auch ein Blick auf die – auf unserer Website dargestellten – Services zeigt. Der AKV war nicht nur in der Vergangenheit im Rahmen der Verhandlungen zur Vorbereitung der gesetzlichen Bestimmungen Vorreiter, sondern auch im Bereich technischer Entwicklungen, so dass ein professionelles Auftreten des AKV im Tagesgeschäft diesen auch bei der Abwicklung von Insolvenzen zu einem maßgeblichen und unverzichtbaren Verband werden hat lassen.
Historie und gesetzliche Entwicklung
Mit diesem Artikel wollen wir kurz die Historie und gesetzliche Entwicklung von bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden in Österreich aufzeigen.
Im Jahr 2024 feierten wir „100 Jahre AKV“, nachdem unser Verband am 29.08.1924 gegründet wurde. Der Ursprung dieses organisierten Gläubigerschutzes lag im Zusammenschluss der durch Insolvenzfälle gefährdeten, unbesicherten Wirtschaftstreibenden im Rahmen einer nicht auf Gewinn ausgerichteten Selbsthilfeorganisation in Vereinsform. Durch organisiertes Vorgehen sollte die bestmögliche Wahrung der Interessen erreicht werden. Mitglieder waren anfänglich in erster Linie Kaufleute, Fabrikanten und Großhändler.
Sofort nach der Gründung war es ein vorrangiges Ziel des AKV, dass der Gläubigerschutz auch gesetzlich verankert wird.
Bereits mit dem Bundesgesetz vom 20.02.1925 betreffend die Abänderung der Ausgleichs- und Konkursordnung (BGBl 1925/87) wurde das Rechtsinstitut der Bevorrechtung von Gläubigerschutzverbänden und deren Recht zur Gläubigervertretung erstmalig geschaffen, vorerst beschränkt auf das damalige Ausgleichsverfahren. Diese Novelle ist mit 10.03.1925 in Kraft getreten.
In den Gesetzesmaterialien wird vor 100 Jahren ausgeführt, dass lediglich der Zusammenschluss der Gläubiger als die wirksamste Maßnahme gegen Umtriebe des Schuldners anzusehen sei. So sollen bevorrechtete Gläubigerschutzverbände die Insolvenzursachen sowie die Sanierungswürdigkeit des schuldnerischen Unternehmens prüfen und die Angemessenheit eines Ausgleichs beurteilen. Die daran anknüpfende objektive Berichterstattung an die Gläubiger sah man auch als im Interesse des Schuldners liegend an, so dass er die dadurch entstandenen Kosten als bevorrechtete Forderung (entspricht im Konkursverfahren einer Masseforderung) zu berichtigen hatte.
Der im Jahr 1925 neu geschaffene § 23a der Ausgleichsordnung (AO) lautete wie folgt:
„Dieses Vorrecht soll nur Verbänden erteilt werden, die seit mindestens zwei Jahren auf dem Gebiete des Gläubigerschutzes erfolgreich tätig sind; es kann jederzeit widerrufen werden. Die Erteilung des Vorrechts sowie dessen Widerruf sind im Bundesgesetzblatte kundzumachen.“ |
Unter Berufung auf dieses Gesetz räumte das Bundesministerium für Justiz dem AKV am 30.09.1926 das „Vorrecht des Gläubigerschutzverbandes im Sinne des österreichischen Insolvenzrechts“ ein, so dass für den AKV im Jahr 2026 das dritte „100 Jahr Jubiläum“ folgen wird.
Der AKV war maßgeblich in die Verhandlungen zur Insolvenzrechtsnovelle 1982 (BGBl 1982/370) eingebunden. Es wurde mit dieser Novelle mit der Abschaffung eines Vorrangs für öffentliche Abgaben nicht nur der „klassenlose“ Konkurs geschaffen, sondern es wurde auch die Berechtigung zur Gläubigervertretung für bevorrechtete Gläubigerschutzverbände auf das Konkursverfahren ausgedehnt. Ebenso wurde ein Recht zur Einsichtnahme in die Konkursakten gewährt, ohne dass ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werden muss.
Kriterien für das Vorrecht eines bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes wurden zunächst in 2 Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg 14740 A/1997 und VwSlg 14969 A/1998) herausgearbeitet, ehe der Gesetzgeber über 2 Novellen (IRÄG 1997 und IRÄG 2010) im heutigen § 266 der Insolvenzordnung (IO) verfügt, dass dieses Vorrecht nicht mehr durch Bescheid, sondern durch Verordnung des Bundesministers für Justiz erteilt wird. Angeknüpft wird nicht mehr an eine zweijährige Tätigkeit auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes, sondern normiert ist nunmehr eine in dieser Bestimmung umschriebene Bedarfsprüfung.
Zudem sieht der heutige § 266 IO unter anderem nachstehende Qualitätsmerkmale eines bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes vor:
Es muss die Vereinsform gewählt werden und
- der Verein muss verlässlich sein;
- sein Wirken muss auf ganz Österreich ausgerichtet sein;
- er muss imstande sein, einen umfassenden Gläubigerschutz auszuüben und die Gläubigerinteressen wirksam in den Insolvenzverfahren zu vertreten;
- seine Tätigkeit darf nicht auf Gewinn ausgerichtet sein;
- er muss zahlreiche Mitglieder haben.
Im Jahr 1999 (IVEG 1999, BGBl I 1999/73) wurden im § 87a IO die Belohnungsansprüche von bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden neu geregelt. In den Gesetzesmaterialien werden solche Ansprüche im Hinblick auf die umfassende und erfolgreiche Tätigkeit der Verbände befürwortet. Positiv hervorgehoben werden folgende sachgerechte Gründe im Zusammenhang mit der Tätigkeit der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände:
- sie sind keine gewöhnlichen Parteienvertreter;
- liefern den betroffenen Gläubigern sachliche Informationen;
- entwickeln Strategien zur Schadensminimierung;
- ermitteln die Vermögenslage und die Leistungsfähigkeit des Schuldners;
- beurteilen und überprüfen die Angemessenheit und Erfüllbarkeit von Entschuldungsvorschlägen;
- erzielen durch Schaffung eines Interessenausgleichs höchstmögliche Quoten;
- sind in allen bestellten Gläubigerausschüssen präsent;
- unterstützen die Tätigkeit der Gerichte durch die Bündelung der Interessen und
- ermöglichen ein einheitliches Auftreten für viele Gläubiger.
Aufgrund der konstruktiven Mitwirkung an Insolvenzabwicklungen hat der Gesetzgeber außer dem Vertretungsrecht von Gläubigern und der uneingeschränkten Akteneinsicht (§ 253 Abs. 3 IO) den Insolvenzgerichten auch die Möglichkeit eingeräumt, die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände zu Gläubigerausschussmitgliedern zu bestellen (§ 88 Abs.1 IO). Dies wurde in der Praxis die Regel, da sich die Gläubigerausschüsse fast ausschließlich aus den Verbänden zusammensetzen.
Den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden werden in der Insolvenzordnung weitere Vertrauenspositionen eingeräumt, welche in der Praxis vom AKV ebenfalls wahrgenommen werden. So wurde der AKV seit Einführung des Privatkonkurses im Jahr 1995 in tausenden Fällen gemäß § 202 Abs. 3 IO in Abschöpfungsverfahren zum Treuhänder bestellt.
Zudem wird einem bevorrechteten Gläubigerschutzverband die Rechtsmittellegitimation in den Fällen einer Insolvenzeröffnung oder Abweisung mangels Masse eingeräumt (§ 71c Abs. 1 IO). Ihm sind auch Beschlüsse, mit denen Insolvenzanträge wegen des Fehlens der Insolvenzvoraussetzungen (Zahlungsunfähigkeit) abgewiesen werden (§ 70 Abs. 4 IO), sowie Beschlüsse über die Anordnung des Kostenvorschusses im Insolvenzantragsverfahren (§ 71a Abs. 1 IO) zuzustellen.
Die nun vor 100 Jahren in Österreich eingeführte und in Europa einzigartige Einrichtung der Gläubigerschutzverbände sowie deren Tätigkeiten in Insolvenzverfahren führen zu europaweit überdurchschnittlichen Quoten und Sanierungen. Dies gilt nicht nur für Unternehmenssanierungen, sondern vor allem auch für Entschuldungen im Rahmen der Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurse). So hat der AKV rund um die letzten Insolvenzrechtsnovellen in Veröffentlichungen, in Pressemeldungen, im Rahmen seiner Tätigkeit in der beim Bundesministerium Justiz installierten Insolvenzrechtsreformkommission und in den Insolvenzstatistiken aufgezeigt, dass zwei Drittel der Schuldenregulierungsverfahren mit angenommenen Zahlungsplänen und ein Drittel der Unternehmensinsolvenzen mit angenommenen Entschuldungsvorschlägen (zumeist Sanierungsplänen) mit hohen Durchschnittsquoten enden.
Es verwundert daher nicht, dass die Europäische Union in einem derzeit in Verhandlung befindlichen Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts in einem eigenen Kapitel die Beteiligung von Gläubigern an Insolvenzabwicklungen regeln will – ein Vorhaben, das in Österreich seit 100 Jahren unter Einbindung des AKV bereits praktiziert wird.
Siehe zur Historie der Gläubigerschutzverbände auch: Franz Blantz, Gläubiger im Insolvenzverfahren, in Jaufer/Nunner-Krautgasser/Schummer, Insolvenz- und Sanierungsrecht, Seiten 243 ff.
Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.
Rückfragenhinweis
Mag. Franz Blantz Bereichsleiter Insolvenz Tel. 05 04 100 – 8000 |
Dr. Cornelia Wesenauer Pressesprecherin Leiterin Insolvenzabteilung Wien / NÖ / Bgld. Tel: 05 04 100 – 1193 |