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AKV-Insolvenzstatistik – 1. Quartal 2023

Die vorliegenden Ist-Zahlen der AKV-Insolvenzstatistik für das 1. Quartal 2023 zeigen ein erhebliches Plus von 37,12 % bei den eröffneten Firmeninsolvenzen und ein geringes Plus von 2,46 % bei den eröffneten Privatinsolvenzen.

Die Ursachen zu den unterschiedlichen Entwicklungen werden wir noch aufzeigen.

Der AKV hat auch untersucht, inwiefern die vor circa 1,5 Jahren in Kraft getretenen Novellen (GREx und RIRUG) auf diese Entwicklung Einfluss genommen haben. Vorangestellt wollen wir daher den Privatkonkurssektor darstellen, nachdem beide Novellen vorwiegend in diesen Teilbereich eingegriffen haben.

Privatinsolvenzen

Am Privatkonkurssektor haben sich die Insolvenzen im 1. Quartal des Jahres 2023 wie folgt entwickelt:

Österreichweit bewegen sich die eröffneten Privatinsolvenzen annähernd auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. Die 2.170 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im 1. Quartal 2023 bedeuten ein geringes Plus von 2,46 % gegenüber dem Vorjahr.

Eröffnete Privatkonkurse

2018:             2.779

2019:             2.498

2023:             2.170

Die Insolvenzrechtnovelle 2017, mit welcher die 10 %ige Mindestquote beseitigt wurde und die Laufzeit eines Abschöpfungsverfahrens von 7 auf 5 Jahren verkürzt wurde, hat in den Jahren 2018 und 2019 zu einem regelrechten „Run“ auf die Privatkonkursgerichte geführt. In diesen beiden Jahren wurden seit Einführung der Privatinsolvenz im Jahr 1995 Rekordwerte erreicht, wobei es im 1. Quartal 2018 2.779 und im 1. Quartal 2019 2.498 Verfahren waren. Eine ähnliche Entwicklung hätte auch das RIRUG erwarten lassen, mit welchem ab Juli 2021 der Entschuldungszeitraum in den meisten Fällen auf 3 Jahre verkürzt wurde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Unter Außerachtlassung des fast 3-jährigen Pandemiezeitraums liegen auch im 1. Quartal 2023 die Eröffnungen um 21,91 % hinter dem 1. Quartal 2018 und um 13,13 % hinter dem 1. Quartal 2019 zurück.

Auch sonst hinkt die Insolvenzpraxis weit hinter den Erwartungen des Gesetzgebers der beiden Novellen GREx und RIRUG nach. Mit der Einführung der Veröffentlichung von „Offenkundigen Zahlungsunfähigkeiten“ war die Erwartung des Gesetzgebers verbunden, dass 37.500 (aussichtlose) Exekutionsanträge gegen 5.000 Verpflichtete wegfallen und 1.000 zusätzliche Insolvenzverfahren (Schuldenregulierungsverfahren) anfallen sollten.

Offenkundige Zahlungsunfähigkeit

Abweichend zu den Erwartungen des Gesetzgebers greifen die Exekutionsgerichte die „Offenkundige Zahlungsunfähigkeit“ nicht im gewünschten Ausmaß auf. Im 1. Quartal 2023 ist sogar eine rückläufige Tendenz erkennbar, nachdem im 1. Quartal 2023 nur mehr 432 „Offenkundige Zahlungsunfähigkeiten“ veröffentlicht wurden, während es im 1. Quartal 2022 noch 716 Fälle waren.

Gesamtvollstreckungsverfahren

Mit der Veröffentlichung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit ruhen die Exekutionsverfahren auf das bewegliche Vermögen, so dass die Gläubiger zur Hereinbringung ihrer Forderungen Insolvenzanträge gegen die Verpflichteten stellen sollen. Aus diesem Grund wurde ein neues Insolvenzverfahren durch die GREx kreiert, nämlich das Gesamtvollstreckungsverfahren. Es handelt sich um einen Privatkonkurs über Gläubigerantrag. Auch in diesem Teilbereich zeigt sich, dass man von den zusätzlich erwarteten 1.000 Privatkonkursen/pro Jahr weit entfernt ist.

Von den 2.170 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im 1. Quartal 2023 fallen nämlich nur 85 auf eröffnete Gesamtvollstreckungsverfahren.

Tilgungsplan

Ein weiteres Auseinanderklaffen zwischen den Zielen der beiden Novellen und der Insolvenzpraxis dokumentiert sich im Verhältnis der beiden Varianten des Abschöpfungsverfahrens. Mit dem RIRUG wurden 2 Varianten des Abschöpfungsverfahrens geschaffen, nämlich ein Tilgungsplan mit einer Laufzeit von 3 Jahren und ein Abschöpfungsplan mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Der 3-jährige Tilgungsplan bleibt Schuldnern verwehrt, wenn sie nicht binnen 30 Tagen nach Veröffentlichung der „Offenkundigen Zahlungsunfähigkeit“ einen Insolvenzantrag stellten oder eine Beratungsstelle aufgesucht haben. Die Folgenabschätzung in den Gesetzesmaterialen, wonach künftig nur in etwa 25 % der Fälle mit einer verkürzten Dauer des Abschöpfungsverfahrens von 3 Jahren zu rechnen ist, war und ist völlig unzutreffend.

So lag im Gesamtjahr 2022 den 2.395 eingeleiteten Abschöpfungsverfahren lediglich in 61 Fällen (2,55 %) ein Abschöpfungsplan und in 2.334 (97,45 %) ein Tilgungsplan zu Grunde. Dies entspricht im Wesentlichen auch der weiteren Entwicklung im 1. Quartal 2023, wonach in den 568 Abschöpfungsverfahren 537 (94,54 %) mit Tilgungsplänen eingeleitet wurden.

Bereits im Vorjahr haben wir aufgezeigt, dass die Verkürzung des Leistungszeitraumes auf 3 Jahre nicht nur zu geringeren Quoten geführt hat, sondern auch dazu, dass nur mehr 31,65 % der Gläubiger ihre Forderungen auch tatsächlich im Verfahren anmelden.

Zahlungsplan

Auch nach den beiden Novellen erfolgt eine Entschuldung vorwiegend über einen Zahlungsplan. So endeten im 1. Quartal 2023 weiterhin circa 2/3 der Verfahren (68,30 %) mit einem Zahlungsplan und circa 1/3 der Verfahren (29,96 %) in einem Abschöpfungsverfahren. Dieses Verhältnis entspricht im Wesentlichen jenem vor den beiden Novellen.

Bundesländer

Bezüglich der Bundesländer ist auszuführen, dass es erhebliche regionale Unterschiede gibt, wie nachstehende Tabelle zeigt.

Während sich in Salzburg die eröffneten Privatkonkurse von 49 auf 94 Verfahren fast verdoppelt (+ 91,84 %) haben, ist der stärkste Rückgang (-16,55 %) in der Steiermark von 284 auf 237 Eröffnungen zu verzeichnen, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Steiermark abweichend zu den sonstigen bundesweiten Entwicklungen im Jahr 2022 ein „Rekordpleitenjahr“ am Privatkonkurssektor zu verzeichnen hatte.

Zu Wien ist auszuführen, dass die Eröffnungen weit hinter den Zahlen vor der Pandemie liegen. So wurden in Wien im Gesamtjahr 2018 3.413 und im Gesamtjahr 2019 3.412 Verfahren eröffnet, Werte die man hochgerechnet im heurigen Jahr nicht erreichen wird.

Gesamtpassiva

Trotz des Anstiegs der eröffneten Privatinsolvenzen um 2,46 % sind die Gesamtpassiva von EUR 263,6 Mio. auf EUR 228,4 Mio. gesunken, so dass sich auch die Durchschnittsverschuldung von EUR 124.400,- auf EUR 105.200,- verringerte.

Eklatant ist jedoch die unterschiedliche Durchschnittsverschuldung bei Männern (EUR 126.900,-) gegenüber jener bei Frauen (EUR 73.000,-).

Österreichweit wurden im 1. Quartal 2023 167 Privatkonkurse pro Woche eröffnet.

Ausblick

Der steigende Beratungsbedarf bei den Schuldnerberatungsstellen spiegelt sich nicht in den Insolvenzzahlen wider. Durch die ungewöhnlich hohe Inflation konzentrieren sich die Schuldnerberatungen in vielen Fällen auf eine Existenzsicherung, in welchen die Bestreitung der lebensnotwendigen Kosten und nicht die Regulierung von Altverbindlichkeiten im Vordergrund stehen. Gleichzeitig wurde der Personalstand bei den Beratungsstellen nicht aufgestockt, so dass auch nicht damit zu rechnen ist, dass die 9.500 Privatinsolvenzen des Jahres 2019 erreicht werden.

Ohne Behebung der „Existenzsicherungskrise“ kann nicht damit gerechnet werden, dass am Privatkonkurssektor erhebliche Steigungsraten zur erwarten sind, nachdem die Begründung neuer Schulden in einem laufenden Verfahren ein Einleitungshindernis für ein oder eine Obliegenheitsverletzung in einem eingeleiteten Abschöpfungsverfahren darstellen können.

Firmeninsolvenz

Die Entwicklungen am Firmeninsolvenzsektor stellen sich im 1. Quartal des Jahres 2023 wie folgt dar:

Die Firmeninsolvenzen sind im 1. Quartal des Jahres 2023 von 1.063 Fällen um 36,59 % auf 1.452 Fälle gestiegen.

Die 809 eröffneten Firmeninsolvenzverfahren liegen bereits deutlich, nämlich um 4,52 % über den 774 eröffneten Firmeninsolvenzen im 1. Quartal des Vor-Corona-Jahres 2019.

Die 809 eröffneten Firmeninsolvenzen entfallen wie folgt auf die einzelnen Bundesländer, dies im Vergleich zum 1. Quartal 2022:

Während Tirol (-10,20 %) und Vorarlberg (-26,32 %) Rückgänge bei den Eröffnungen zu verzeichnen haben, sind in allen anderen Bundesländern erhebliche Steigerungsraten vorliegend, die höchste in Kärnten mit einem Plus von 68,18 %.

Bezüglich der Anzahl an Firmeninsolvenzen ist auszuführen, dass die meisten Verfahren in Wien (260) eröffnet wurden, gefolgt von Niederösterreich (178).

Problematisch ist weiterhin, dass ein Großteil der Unternehmungen seiner gesetzlichen Insolvenzantragspflicht nicht nachkommt, wonach ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren zu beantragen wäre. Wie die nachstehende Aufstellung zeigt, werden 6 von 10 Insolvenzverfahren aber nicht von den Unternehmen selbst, sondern von Gläubigern beantragt.

Antragstellung

Eigenanträge:           320       39,56 %

Gläubigeranträge:   489       60,44 %

Gesamt:                     809     100,00 %

Gesamtpassiva der eröffneten Unternehmensinsolvenzen

1.Quartal 2023:   EUR 431.591.000,-

1.Quartal 2022:   EUR 418.903.000,-

Obgleich die eröffneten Firmeninsolvenzen um 37,12 % zugenommen haben, sind die Verbindlichkeiten um nur 3,03 % von EUR 418,9 Mio. auf EUR 431,5 Mio. gestiegen.

Bei der größten Insolvenz nach Passiva handelt es sich um die WT-Invest Gesellschaft m.b.H. mit Verbindlichkeiten in der Höhe von EUR 54,8 Mio. Es handelt sich um ein Unternehmen im Umfeld der CPI Gruppe und die insolvente Gesellschaft ist Komplementärin von 14 Kommanditgesellschaften und hat in dieser Eigenschaft zahlreiche Haftungen übernommen.

Bei der zweitgrößten Insolvenz „Montavit“ ist das Sanierungsverfahren noch anhängig, wobei auch die Anmeldefrist noch offen ist.

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Passiva

 

Gefährdete Arbeitsplätze

1.Quartal 2023:  2.831

1.Quartal 2022:  1.804

Die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze ist um 56,93 % gestiegen, nachdem im 1. Quartal 2023 2.831 Dienstnehmer unmittelbar von eröffneten Insolvenzen betroffen waren.

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Dienstnehmern

Wöchentlich wurden im 1. Quartal 2023 über das Vermögen von 62 Unternehmen in Österreich Insolvenzverfahren eröffnet.

Aufhebungen Firmeninsolvenzen

Ergänzend informieren wir Sie darüber, dass im 1. Quartal 2023 702 Firmeninsolvenzen beendet bzw. abgeschlossen wurden.

In 206 Verfahren (29,34 %) wurde mit den Gläubigern ein Sanierungsplan abgeschlossen. Bei 47 Einzelunternehmen (6,70 %) wurde nach Schließung des Unternehmens ein Zahlungsplan vereinbart. In mehr als einem Drittel der eröffneten Firmeninsolvenzen kommt es daher zur Annahme von Entschuldungsvorschlägen, ein international hervorragender Wert.

Anderseits endeten 219 Verfahren (31,20 %) mit einem Totalausfall für die Gläubiger.

Durchschnittquoten Sanierungspläne 2022

Rückblickend auf das Gesamtjahr 2022 ist auszuführen, dass bei den Sanierungsplänen nachstehende Quoten erzielt wurden:

Durchschnittsquote:           42,94 %

Medianwert:                         25,00 %

Diese hohe Durchschnittsquote ist darauf zurückzuführen, dass im Gesamtjahr 2022 in 139 Fällen Sanierungspläne mit einer Quote 100 % abgeschlossen wurden. Die Entwicklung im heurigen Jahr bleibt abzuwarten.

Ausblick Firmeninsolvenzen

Das 1.Quartal 2023 liegt hochgerechnet bereits über dem Niveau 2019, in welchem im Gesamtjahr 3.044 Verfahren eröffnet und 2.147 Fälle mangels Kostendeckung abgewiesen wurden. Die Ursachen für die steigenden Insolvenzzahlen (Corona-Nachholeffekt, inflationäre Entwicklung und ein damit verbundener Konsumrückgang, Kreditklemme, gestiegene Produktions- und Lohnkosten, Lieferengpässe) werden uns auch das restliche Jahr 2023 begleiten, so dass weiterhin erhöhte Insolvenzzahlen zu erwarten sind. Wir rechnen daher damit, dass im heurigen Jahr zumindest über das Vermögen von 3.300 Unternehmungen Insolvenzverfahren eröffnet werden und einschließlich zu erwartender 2.200 Insolvenzabweisungen mangels Masse prognostizieren wir circa 5.500 Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2023.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.

Rückfragenhinweis

Mag. Franz Blantz                  Dr. Cornelia Wesenauer
Bereichsleiter Insolvenz        Pressesprecherin
Tel: 05 04 100 – 8000             Tel: 05 04 100 – 1193