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Jahresstatistik 2022

Neuer Service des AKV im Bereich der Insolvenzstatistik

Bereits im Oktober 2022 haben wir mitgeteilt, dass der AKV seine Website weiter ausgebaut hat und interaktive Grafiken zu den aktuellen und vergangenen Insolvenzzahlen zur Verfügung stellt.

Über vier zusätzliche Grafiken und Karten können Sie im Bereich der „Top 5 der Branchen“ die Anzahl der Insolvenzfälle, die Passiva und die Dienstnehmer der letzten vier Jahre entnehmen. Eine weitere interaktive Grafik gibt Ihnen einen Überblick über die eröffneten Firmeninsolvenzen pro Monat der letzten vier Jahre. Zudem können Sie nicht nur die Entwicklung in jedem Bundesland verfolgen, sondern ein Klick auf jedes Bundesland bietet Ihnen sowohl im Bereich der Firmen- als auch Privatinsolvenzen eine Analyse auf Bezirksebene.

Daran anknüpfend haben sich im Jahr 2022 die Firmen- und Privatinsolvenzen österreichweit wie folgt entwickelt:

Firmeninsolvenzen

Die gesamten Firmeninsolvenzen haben somit gegenüber dem Jahr 2021 um 64,63 % zugenommen.

Eine gesonderte Betrachtung der Eröffnungen und Abweisungen zeigt folgendes Bild:

Eröffnete Firmeninsolvenzen

Die eröffneten Firmeninsolvenzen haben in allen Bundesländern exorbitant gegenüber dem Jahr 2021 zugenommen. Die größte Zunahme verzeichnet Vorarlberg (+ 121,88 %), gefolgt von Oberösterreich (+ 75,43 %) und Salzburg
(+ 55,24 %).

Bereits für die Jahre 2020 und 2021 hat der AKV aufgezeigt, dass während der Pandemie im Vertrauen auf staatliche Stützungsmaßnahmen eine drastische Verlagerung der Insolvenzeröffnungen von Eigen- zu Gläubigeranträgen feststellbar ist. Die Bereitschaft der Unternehmungen ihre Zahlungsunfähigkeit einzugestehen hat abgenommen. Damit sind auch zunehmende Verletzungen von Insolvenzantragspflichten verbunden. Während vor der Pandemie die Eröffnung von Firmeninsolvenzen weitgehend gleichmäßig auf Eigen- und Gläubigeranträge verteilt war, ist für das Jahr 2022 folgende Konstellation gegeben:

Eröffnete Firmeninsolvenzen 2022 - Antragsteller

Für das Jahr 2022 ist daher ebenfalls charakteristisch, dass annähernd zwei Drittel (65,38 %) der Insolvenzeröffnungen nicht auf Initiative des schuldnerischen Unternehmens, sondern über Antrag von Gläubigern erfolgten.

Abweisende Verfahrensbeschlüsse

Eine weitere bedenkliche Entwicklung ist im Bereich der Insolvenzabweisungen mangels Masse feststellbar. Diese haben sich von 957 auf 2.067 Fälle mehr als verdoppelt (+ 115,99 %). In diesen Fällen ist nicht einmal ein Vermögen von EUR 4.000,- zur Deckung der Verfahrenskosten vorhanden, sodass ein formelles Insolvenzverfahren nicht einmal eröffnet wurde. Diese Entwicklung dokumentiert, dass während der Pandemie zahlreiche Unternehmen trotz bereits vorliegender Vermögenslosigkeit die staatlichen Stundungen in Anspruch genommen haben und erst jetzt in den Verfahrenszahlen ihren Niederschlag finden.

Entwicklung in den letzten Monaten

Die Entwicklung einzelner Monate zeigt die folgende, auch interaktiv abrufbare Grafik:

Hervorzuheben ist, dass sich durch die staatlichen Corona – Unterstützungs­maßnahmen ein Rückstau von mehr als 2.000 Firmeninsolvenzen seit dem Jahr 2020 aufgebaut hat und mit Auslaufen der Stundungen wiederum vermehrt Insolvenzanträge seitens der öffentlichen Hand gestellt werden. Darin manifestiert sich nicht nur ein Anstieg der Gläubigeranträge, sondern auch der Anteil der öffentlichen Abgaben an den Gesamtverbindlichkeiten hat zugenommen.

Die inflationäre Entwicklung, verbunden mit den gestiegenen Energie- und Produktionskosten, hat zuletzt auch größere Unternehmungen gezwungen, einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung zu stellen, wobei gegenüber 2021 ein erheblicher Anstieg der Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung auf 235 Verfahren feststellbar ist.

Die Gesamtpassiva sind im Jahr 2022 um 29,34 % sowie die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze um 52,16 % gestiegen, wie nachstehende Aufstellungen zeigen:

Gesamtpassiva der eröffneten Unternehmensinsolvenzen

2022:                                    EUR              2.427.028.000,-

2021:                                    EUR              1.876.541.000,-

Gefährdete Arbeitsplätze

2022:                                   11.150

2021:                                     7.328

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Passiven

Top 5 Firmeninsolven 2022 nach Passiven

Top 5 Insolvenzen Österreich nach Dienstnehmer und Branchen

Top 5 Firmeninsolvenzen 2022 nach Dienstnehmern
Top 5 der Branchen nach Dienstnehmer

Die meisten Dienstnehmer, nämlich 2.072, waren im Jahr 2022 von Bauinsolvenzen betroffen, gefolgt vom Handel mit 1.976 betroffenen Dienstnehmern.

Top 5 der Branchen nach Anzahl

Die Branche mit den zahlenmäßig meisten Insolvenzeröffnungen war die Baubranche (585), gefolgt vom Handel (480) und der Gastronomie (372).

Weitere Details zu Anzahl und Passiva der am stärksten betroffenen Branchen der vergangen vier Jahre stehen Ihnen auf unserer Website zur Verfügung!

Wöchentlich werden über das Vermögen von 56 Unternehmen in Österreich Insolvenzverfahren eröffnet.

Aufhebungen Firmeninsolvenzen

Arten der Aufhebungen bei Firmeninsolvenzen 2022

Ergänzend informieren wir Sie darüber, dass im Gesamtjahr 2022 2.469 Firmeninsolvenzen beendet bzw. abgeschlossen wurden.

In 667 Verfahren (27,01 %) wurde mit den Gläubigern ein Sanierungsplan abgeschlossen. Bei 188 Einzelunternehmen (7,61 %) wurde nach Schließung des Unternehmens ein Zahlungsplan vereinbart. In mehr als einem Drittel der Verfahren kommt es daher zur Annahme von Entschuldungsvorschlägen, ein international hervorragender Wert.

Anderseits endeten 699 Verfahren (28,31 %) mit einem Totalausfall für die Gläubiger.

Ausblick Firmeninsolvenzen

Die 2.900 Insolvenzeröffnungen liegen nur mehr knapp unter dem Wert vor der Pandemie im Jahr 2019, in welchem über das Vermögen von 3.044 Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

In den letzten drei Jahren hat sich ein Insolvenzrückstau von mehr als 2.000 Firmeninsolvenzen aufgestaut. Dieser Corona – Nachholeffekt wird derzeit verstärkt von der inflationären Entwicklung, den gestiegenen Energie- und Produktionskosten, vermeintlichen Produktionsstopps aufgrund von Lieferengpässen und Personalnot sowie einem vorhersehbaren Konsumrückgang durch sinkende Kaufkraft der Konsumenten und Kunden durch Teuerungen und Inflation. Die neuen Kreditrichtlinien und eine damit verbundene „Kreditklemme“ werden auch am Immobilien- und Finanzdienstleistungssektor Insolvenzen auslösen. So verzeichnen Bauträger nicht nur rückläufige Verkäufe, sondern vereinbarte Pauschalpreise verhindern oft die Weitergabe der gestiegenen Preise und eine Weiterfinanzierung begonnener Projekte.

Wir werden daher im Jahr 2023 mit einem weiteren Anstieg der Firmeninsolvenzen rechnen müssen, welcher das Vorkrisenniveau 2019 überschreiten wird.

Privatinsolvenzen

Am Privatkonkurssektor haben sich die Insolvenzen im Jahr 2022 wie folgt entwickelt:

Privatinsolvenzen 2022

Österreichweit haben die eröffneten Privatinsolvenzen im Jahr 2022 um 13,36 % von 7 208 auf 8 171 Schuldenregulierungsverfahren zugenommen.

Am Privatkonkurssektor führen erhebliche regionale Besonderheiten zu differenzierten Betrachtungen. So haben beispielsweise in Wien die eröffneten Privatinsolvenzen sogar um 0,11 % gegenüber dem Vorjahr abgenommen, während in allen anderen Bundesländern Zunahmen zu verzeichnen sind, die größte Steigerungsrate weist Niederösterreich mit einem Plus von 27,93 % auf.

Regional ist auch die Steiermark hervorzuheben. Die 1.049 Eröffnungen bedeuten für dieses Bundesland, dass das bisherige Rekordpleitenjahr 2018 mit 1.024 Eröffnungen abgelöst wurde.

Österreichweit bleibt man noch hinter den Zahlen der Rekordjahre 2018 mit 10.058 Eröffnungen und 2019 mit 9.497 Eröffnungen zurück.

Die 8.171 eröffneten Verfahren beinhalten 211 Gesamtvollstreckungsverfahren. Dabei handelt es sich um ein im Juli 2021 eingeführtes Privatkonkursverfahren, welches über Gläubigerantrag eröffnet wird und in dessen Vordergrund die gleichmäßige Verteilung der Erlöse aus pfändbaren Bezugsteilen an die Gläubiger steht. Die Erwartung und Einschätzung des Gesetzgerbers im Jahr 2021, dass in Fällen veröffentlichter „offenkundiger Zahlungsunfähigkeiten“ durch Gläubigeranträge jährlich circa 1.000 zusätzliche Privatkonkurse eröffnet werden, hat in der Insolvenzpraxis erst teilweise einen Niederschlag gefunden.

Nachdem nur ein geringer Anteil an Verfahren auf Gesamtvollstreckungen entfällt, kann daraus abgeleitet werden, dass abweichend zu den Firmeninsolvenzen im Bereich der Privatinsolvenzen ein Großteil der Verfahren (97,42 %) auf Eigenantrag und somit über Eigeninitiative der Schuldner eröffnet werden.

Trotz des Anstiegs der eröffneten Privatinsolvenzen um 13,36 % sind die Gesamtpassiva von EUR 943,0 Mio. auf EUR 917,9 Mio. gesunken.

Dadurch hat sich auch die Durchschnittsverschuldung von EUR 130.800,-. auf EUR 112.300,- reduziert.

Eklatant ist jedoch die unterschiedliche Durchschnittsverschuldung bei Männern (EUR 131.500,-) gegenüber jener bei Frauen (EUR 78.600,-). Ca. zwei Drittel der Verfahren (63,70 %) betreffen Männer.

Mit zunehmendem Alter steigt auch die Durchschnittsverschuldung. Mehr als die Hälfte der Verbindlichkeiten (EUR 511,6 Mio.) und der Verfahren (4.111) entfällt auf die Altersgruppe der 40 bis 59 Jährigen. Besorgniserregend ist, dass im Jahr 2022 über das Vermögen von 158 Personen Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurden, die jünger als 24 Jahre waren und deren Durchschnittsverschuldung EUR 37.700,– betragen hat.

In Österreich werden wöchentlich 157 Privatkonkurse eröffnet.

Aufhebungen Privatinsolvenzen

Im Jahr 2022 konnten österreichweit 8.247 Schuldenregulierungsverfahren in nachstehender Form beendet bzw. abgeschlossen werden:

Aufhebungen Privatinsolvenzen 2022

Obgleich sich durch eine Novelle im Jahr 2021 der Leistungszeitraum eines Zahlungsplans im Regelfall von 5 auf 3 Jahre verkürzt hat und sich dadurch auch die Quoten verringert haben, können weiterhin in mehr als zwei Dritteln der Verfahren (67,35 %) Zahlungspläne abgeschlossen werden, sodass es zu einvernehmlichen Rückzahlungsvereinbarungen zwischen Gläubigern und Schuldnern kommt.

In 30,88 % der beendeten Verfahren ist es zu keiner Einigung zwischen Gläubigern und Schuldnern gekommen, sodass Abschöpfungsverfahren (zumeist in Form eines Tilgungsplans) eingeleitet wurden.

Ausblick Privatinsolvenzen

Im Bereich der Privatinsolvenzen werden die Teuerungswelle sowie steigende Zins- und Kreditkosten mittelfristig zu einer Verschiebung der Insolvenzursachen führen. So werden die Insolvenzursachen für Konsumenten vermehrt in gestiegenen Lebenserhaltungskosten liegen und weniger auf eine Arbeitslosigkeit zurückzuführen sein.

Dass die eröffneten Privatinsolvenzen unter den Werten der Jahre 2018 und 2019 liegen, ist darauf zurückzuführen, dass weniger Beratungen in Präsenz abgewickelt werden konnten. Hinzugekommen ist, dass sich aufgrund der Teuerungswelle die Schuldnerberatung eher in eine solche einer Existenzsicherung verlagert hat, so dass eine dauerhafte Schuldenregulierung sekundäre Bedeutung erlangte.

Für 2023 rechnen wir damit, dass der Wert von 2019 von ca. 9.500 Verfahren wieder erreicht werden wird. Mit wesentlichen Steigerungsraten ist ohne Aufstockung der Personalkapazitäten der Schuldnerberatungen jedoch nicht zu rechnen.

Bei Veröffentlichung wird um Quellenangabe gebeten.

Rückfragenhinweis

Mag. Franz Blantz                  Dr. Cornelia Wesenauer
Bereichsleiter Insolvenz        Pressesprecherin
Tel: 05 04 100 – 8000             Tel: 05 04 100 – 1193